06.12.24 Mehr als eine nette Abwechslung
Der Altenhilfeverein bringt Mal- und Musiktherapien in Pflegeheime.
Davon profitieren Bewohner und Pfleger. Ohne Spenden würde es das nicht
geben
von Claudia Rindt
Konstanz – Rosemarie Wendelstein malt mit den linken Hand. Dabei hat die
78-Jährige gelernt, die rechte, „schöne Hand“ zu benutzen. So mahnte
dies jedenfalls einst eine Lehrerin an. Doch ein Schlaganfall zwang sie
zum Wechsel auf Links. Würde sie das nicht erzählen, keiner würde es
merken. Sie genießt das therapeutische Malen im Pflegeheim Urisberg. Der
Altenhilfeverein bringt das therapeutische Malen und Singen in vier
Konstanzer Pflegeheime. Aufs Jahr gerechnet fallen in einem Haus für ein
Angebot rund 2500 Euro an. Ohne die Hilfe von Spendern würde es diese
Stunden nicht geben. Die 79 Jahre alte Aniela Güttler sagt über das
Malen: „Das ist eine nette Abwechslung.“ Doch es ist noch viel mehr. Es
werden motorische Fähigkeiten erhalten, sagt Rainer Wilbrand, Leiter des
Hauses Urisberg. Menschen mit dementiellen Erkrankungen seien nach der
Maltherapie ruhiger, was aufs Umfeld ausstrahle.
Ergotherapeutin Lydia Kirchhoff sagt über die Malstunden: „Für manche
ist dies das Highlight der Woche.“ Die Menschen könnten sich am Pinsel
mit ihren Gefühlen auseinandersetzen, und mit früheren Ereignissen. Es
gehe auch darum, Ideen und der Kreativität Raum zu geben. „Das ist die
Zeit der Entspannung.“ Oft sei sie schon vor der Malstunde da, um mit
den Teilnehmern zu reden, etwa über das Wochenende. Ganz wichtig sei das
gemeinsame Betrachten der Bilder. Dabei kämen oft Erinnerungen zurück,
etwa an ein früheres Zuhauses und die Blumen davor.
Petra Holub war mal die Leiterin des Hauses Urisberg. Sie erinnert sich,
wie der Altenhilfeverein die Einrichtung im Jahr 2007 anschrieb. Damals
durften die Heime ein Projekt vorschlagen, das der Verein finanziert.
Für Holub war klar, dass es die Maltherapie sein sollte. „Da können alle
dran teilnehmen.“ Es gehe nur nicht mehr, wenn einer die Farben nicht
mehr erkennen könne. Holub sah einige Vorteile im Projekt: „Es dient der
Entspannung. Unruhige Bewohner werden ruhiger.“ Teilnehmer hätten die
Möglichkeit, ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Es stärke das
Selbstbewusstsein, etwas aus der eigenen Hand zu schaffen. „Das regt die
Fantasie an.“ Bei einem Tag der offenen Tür wurden noch unter ihrer
Regie Bilder ausgestellt, die bei der Maltherapie entstanden waren. Die
64 Jahre alte frühere Heimleiterin hofft auf eine breite Unterstützung
durch die Bürgerschaft. Schließlich gelte bei der Pflegebedürf-
tigkeit: „Es kann jeden treffen.“